Irkutsk – langsam wird’s kalt in Ostsibirien

Irkutsk – it’s getting cold in the capital of East-Sibiria

7.10.19

Früh um 6.22 h sind wir schon angekommen und wurden ins Hotel gebracht. Um 10.00 h trafen wir unsere Reiseleiterin Vela, die uns die Stadt auf die Schnelle in 3 Stunden zeigte. V.a. aber konnten wir sie alles fragen, sie wusste sehr viel. So z.B. war Irkutsk und Umgebung ein «beliebter» Ort, wohin in der Zarenzeit und später in der Sowjetunion die Unliebsamen aus St. Petersburg und Moskau deportiert wurden.

Irkutsk gibt es schon seit rund 350 Jahren, als es die Kosaken als Stützpunkt im Osten errichtet haben. Am einzigen Ausfluss des Baikalsees, der Angara, gelegen, war es schon früh ein wichtiger Knotenpunkt, v.a. für den Teehandel aus China. Anfangs des 19. Jahrhunderts bekam es dann immer mehr eine Rolle als Stadt für Verbannte. Die bekanntesten davon waren die Dekabristen, aufständiger Adel aus St. Petersburg, der die Ordnung der konstitutionellen Monarchie nach der Revolution in Frankreich einführen wollte – was den seit 200 Jahren fest im Sattel sitzenden Romanovs natürlich nicht gefiel. Und weg waren sie – für 30 Jahre nach Sibirien verbannt (damals für die meisten bis zum Tod). Aber aus diesem Grund gewann Irkutsk auch an Bedeutung, denn die Verbannten brachten viel Kultur nach Sibirien.

In den Häusern drin ist es immer sehr warm. Die Sibirier würden draussen genug frieren, deshalb heizten sie die Häuser so stark, meinte Vela. Und als ich ihr sagte, bei uns sei das Heizöl sehr teuer, meinte sie nur leicht schmunzelnd: «selbst schuld». Ja, in der Tat, wir zahlen einen hohen Preis für unsere Amerika-Bewunderung!

Was sie im Winter anziehe, fragte ich sie weiter. Sie ist schon jetzt mit dickem Schal und Handschuhen und Wollmantel unterwegs. Sie meinte: «bei Minus 20 Grad ziehe ich eine Daunenjacke an, bei Minus 40 Grad einen Pelz.» Na ja, der Zobel gehört denn auch zum Stadtwappen, Pelz ist hier noch nicht Gewissens-, sondern Überlebensfrage. Und das Irkutsker Wappen zeigt ursprünglich einen Tiger (Babr) mit einem Zobel im Mund. Nachdem im 19. Jahrhundert die Petersburger Heraldiker das sibirische Wort «Babr» nicht verstanden und es als «Bobr» (Biber) eintrugen, zeichneten die obrigkeitsgläubigen Wappenmaler den Babr so um, dass er auch ein Bobr sein könnte und ist heute eben ein Tigerbiber! Hauptsache der Zobel ist noch ein Zobel und verleiht der Stadt die angemessene Würde!

Am Nachmittag liefen wir alles, was wir vorher per Auto angefahren sind, nochmals ab und erlebten viel tollere Dinge. Und am Abend assen wir wieder hervorragend russisch.

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8.10.19

Langsam werde ich kribblig. Morgen hat Dimi Geburtstag und ich muss ihn schon um 10 verlassen. Es bricht mir das Herz! Aber wir «müssen» beide weiterziehen, er noch 2 Tage an den Baikalsee, 4 Tage in die Mongolei, einige Tage Peking und dann die Tour durch Nordkorea und ich ziehe mit meiner Cousine weiter nach Portugal. Heute Nachmittag fahren wir noch an den Baikalsee, damit ich dem auch noch begegne! Gepackt ist auch schon, morgen möchte ich beim Frühstück feiern, nicht stressen. Nun sitze ich im komfortablen Hotel  an einer der vielen Hauptstrassen. Ich glaube, Irkutsk besteht neben all der schönen Kirchen und  Holzhäusern, dem wunderbaren Bahnhof und dem Ufer der Angara aus Hauptstrassen, auf denen uralte Autos rumkurven, hauptsächlich rechts gesteuert, weil sie die als Occasionen aus Japan einführen. Aber es ist so angenehm, weil alles sauber und die Leute so freundlich sind. Rückblickend muss ich sagen: Es war jeden Aufwand wert.

Vielleicht kann ich immer alles so positiv anschauen, weil ich vor einem Jahr diesen gehörigen Schuss vor den Bug erhalten habe. Urs von Crystal Travel meinte letzthin, dieses Jahr hätte ich aber ein wirklich herausforderndes Programm gehabt. Ja, Herausforderung mit Schönem ist wohl die beste Antwort auf die Herausforderung des Schreckens! Ich fühle mich lebendiger denn je, geniesse jeden Tag und freue mich übermässig, dass ich nach all den Ferien alleine mit je den beiden Töchtern es nun geschafft habe, mit meinem Sohn das in einer so herrlichen Umgebung auch erleben zu dürfen. Und darauf stossen wir doch an (dass ja kein falsches Bild aufkommt: so viel wie dieses GIF hergibt, haben wir während der gesamten Reise nicht getrunken!)

Das Beste zum Schluss

Was wir heute erlebt haben, ist nur mit dem Satz: «Das Beste zum Schluss» zu beschreiben. Ich weiss ja, dass ich ein gutes Händchen habe für ReiseleiterInnen. Aber das übertraf alles. Und das nur, weil ich dem Receptionisten einfach vertraut habe, den Fahrer, den er mir empfohlen hat, gebucht und mit ihm mit Google-Translator konversiert habe. Seht selbst! Weil nicht alles in die Bilder reingeschrieben werden kann, muss ich noch ein paar Erklärungen vorab geben:

Der Baikalsee ist nicht nur der älteste, sondern auch der grösste See der Welt. Er ist das grösste Trinkwasserreservoir der Erde, das nicht im Eis liegt. Leider wird er immer kleiner. Nun aber zu unseren Erlebnissen:

Die Sage vom Schamanenstein – oder – Der alte Baikal und seine Töchter

Der alte Gevatter Baikal hatte über 300 Töchter (Zugangsflüsse), eine schöner als die andere und mit Augen so strahlend blau wie der Himmel oder so leuchtend grün wie die Blätter der Birken. Er hielt sie sorgfältig verborgen, da er keine verlieren wollte und sie lebten glücklich bei ihm. Nur seine Lieblingstochter, die mutige Angara, schaute ab und zu sehnsüchtig in die Ferne und träumte vom weiten Meer.

Eines Tages hörte sie die Tiere des Waldes von einem tapferen Jüngling erzählen, der Jenissej (der Fluss, der bis zum Eismeer fliesst) hieß und aus den hohen schneebedeckten Bergen kam. Kraftvoll und ungestüm suchte er den weiten Weg nach Norden zum Eismeer hin. Sie zögerte lange, da sie ihren Vater und die fröhlichen Schwestern nicht verlassen wollte, aber eines Nachts fasste sie sich ein Herz und schlich sich leise davon.

Sie hatte schon ein ganzes Stück Weg geschafft, als eine eifersüchtige Möwe sie bei ihrem Vater verriet. Der alte Baikal war außer sich vor Zorn und warf ihr Steine nach, um sie aufzuhalten. Aber die Angara wollte nicht mehr zurück und floh durch die Wälder, bis sie den Jenissej traf. Der Jüngling freute sich über die wunderschöne Gefährtin und seitdem gehen sie den langen Weg nach Norden gemeinsam.

Den größten der Steine, die der alte Baikal nach seiner Tochter warf, kann man heute noch sehen – der Schamanenstein, der in der Nähe von Listwjanka aus dem Wasser ragt.

Und selten können Touristen auf diesem Stein stehen, nur wer Glück hat, erwischt ein kleines, uraltes, wackliges Boot zu einem völlig überteuerten Tarif, der sich am Schluss als Segen herausstellt: der Bootsinhaber verdient gutes Geld und die Touristen sind total happy. Auch wenn ich ehrlicherweise bezweifle, dass der Wasserstand so hoch war, dass der Fels nur so wenig aus dem Wasser ragte – egal, wir waren alle begeistert!

Juri hatte so Freude mit – ich sage es voller Stolz – so aussergewöhnlichen Touristen unterwegs zu sein. Mutter mit Sohn aus der Schweiz und der Sohn heisst auch noch Dimitri. In Port Baikal assen wir im alten Stationshotel ein russisches «Zvieri», danach setzten wir mit dem regulären Boot zum 1/3 Preis wieder zurück nach Listwjanka und dort geschah es: Dimi und Juri stürzten sich in die Fluten des Baikals. 10 Grad Wassertemperatur. Dimi sogar inkl. Yellow Jacket. Danach offerierten Einheimische den 2 Ironmen eine Sauna im Diving Club. Mensch, waren die beiden glücklich und stolz – ich aber auch!

Und nun noch eine gute Nacht in diesem sauberen, freundlichen Land und dann Do zwidanja, Rassja, es war ein Traum, zbasibo bolschoi! Aber das Wichtigste, jetzt um Mitternacht: Happy Birthday Dimitri!!!  Alles Gute und weiter so! (der Kuchen und Sekt war bestellt, leider hat Vela es im falschen Hotel deponiert und so konnten wir nicht zusammen anstossen!)

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Aber der Baikal ist bedroht. So tönt denn das Lied eines einst nach Sibirien Verbannten wie ein Hilferuf  (leicht abgeändert)

Herrlicher Baikal, du heiliges Meer. Auf einer Lachstonne will ich dich zwingen, spann meine Yellow Jacket als Segel verquer, Rettung, sie muss mir gelingen. Spann meine Yellow Jacket als Segel verquer, Rettung, sie muss mir gelingen (für den ganzen Liedtext hier klicken)

 

 

 

 

Yurij Zariadnov singt wieder. Dass es dieses Mal mein russisches Lieblingslied vom «Heiligen Baikal» ist, freut mich natürlich besonders. 

Für den deutschen und englischen Liedtext hier klicken

Und noch eine Anmerkung: «Baikal», das er aus dieser Tasse trinkt, ist die russische Version von Coca Cola

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Danke Urs von Crystal Travel, Es hat so hervorragend geklappt, dass ich dich für eine meiner besten Reisen meines Lebens verantwortlich machen muss!!

Wenn Ihr Dimitris Reise weiter verfolgen wollt: Unter dem Reiter «Swiss-Yellow-Jacket 2019» auf der Seite swiss-superadult.ch/siehe-auch/ist sie dokumentiert.