Gärtnern in Santa Cruz (2019)

Ich habe just von der Gartenarbeit aufs Sofa gewechselt. Mit Vergnügen habe ich Tomatensträucher und 18 Kabis- und Salatpflänzchen in die Erde gesetzt und nebenbei viel Schneide- und Aufbindearbeit verrichtet. Wir hüten nämlich das Haus unseres Freundes Kevin hier in Santa Cruz, Kalifornien; er ist für zwei Wochen nach Italien verreist und befindet sich südlich von Rom, in Lanuvio; auch Dan und ich haben vor ein paar Jahren dort interessante Tage verbracht, zusammen mit Leuten aus den USA und mit nach Rom Ausgewanderten. Kevin war damals am Thanksgiving Tag auch dort und hatte aus Rom einen riesigen Turkey mitgebracht, mit dem er ca. 15 Leute für diesen festlichen Anlass bekocht und bedient hatte.

Die Besitzer des Hauses in Italien sind Monica, eine Ärztin in Rom, und Hyu, ihr Ehemann, ehemals aus Australien. Kennengelernt haben sie sich an einer dieser Parties bei unserem Bob in Oregon; deshalb ihre Verbindung zu Amerika und unsere Verbindung zu ihnen. Der Aufenthalt hier hat uns die Gelegenheit gegeben, Jeff zu besuchen; über ihn, den Bohemien, habe ich ja vor etwa vier Jahren einen Text verfasst. Inzwischen ist Jeff noch etwas mehr gekrümmt, verbringt die meiste Zeit im Bett, umgeben von Büchern, Gemälden, Handies und einem riesigen Bildschirm. Mit unserem ersten Besuch nach einem halbstündigen Marsch durch Wiesen und dem Santa Cruz Fjord entlang haben wir ihn einfach überrumpelt. Er hat sich sehr gefreut, und wir haben in seinem Zimmer gut „diniert“ mit Pasta und guter Tomatensauce mit Hackfleisch, natürlich mit einem seiner guten Weine, den ich mir aus seinem Fundus selber ausgesucht habe.

Und wiederum hat der Vielbelesene berichtet und berichtet, z.B. über die kulturellen Unterschiede zwischen der Tschechei und der Slowakei, zwischen Kroatien und Serbien usw., usw., womit er uns Reisende natürlich keineswegs langweilte. Wir befassen uns ohnehin mit Europa, vor allem dem Osten: Georgien und Armenien sind sehr ins Zentrum unseres Interesses gerückt!

Zudem hat Jeff erzählt, dass seine jüdische Familie hier in den USA den ukrainischen Namen Rovensky in Roven wechselte, was ich sehr bemerkenswert fand. Über die Hintergründe kann ich mich vielleicht bei unserem Wiedersehen in zwei Jahren mehr erfahren. Oder ich könnte mit ihm sogar in eine Art Briefwechsel treten, da sein Spektrum ja unerschöpflich ist.

So kommen also Dans und Jeffs Vorfahren aus den ähnlichen östlichen Regionen, nur dass Lucachicks im Gegensatz zu den jüdischen Rovenskys orthodoxe Christen waren, wovon die unter Denkmal geschützte Kapelle mit der goldenen Kuppel in Minnesota USA zeugt, im Dorf von Dans Grossvater.

Gestern sind wir nochmals ins Jeffs Refugium zurückgekehrt, diesmal mit noch frischwarmem Risotto und einem edlen Tropfen aus dem Languedoc, was wiederum viele Geschichten aus dieser Gegend und aus Frankreich zur Folge hatte; Jeff spricht auch französisch. Das Überraschende für uns war, dass er sein Bett verliess und sich nach langem, für ihn wohl mühsamem Duschen, mit uns an seinen Küchentisch setzte.

Also, wir haben den kühlen Monat Mai in „verlassenen“ Häusern von Freunden verbracht, zum Glück und zu unserer Abwechslung. Nun ist es aber höchste Zeit, uns wieder dem Campingleben zuzuwenden, das wir je länger desto mehr vermissen. Bei mit zeigt sich sogar eine Art Niedergeschlagenheit, wenn ich mehr als einen halben Tag zwischen Hauswänden verbringe. Deshalb ist zur Zeit die Arbeit im Garten wohltuend und Dan hat mit dem Schneiden der Hecken und dem Gröberen einiges zur Verbesserung der Liegenschaft beigetragen.

Heute Abend kommen zwei junge, spannende Leute, Mat und Catrin, zu uns zum Nachtessen. Sie haben Kevins kleineres Studio-Haus nebenan gemietet für sage und schreibe USD 1900 !!, sind beide berufstätig, er als Wissenschaftler in „geheimer, aber nicht politischer Mission, sie bei „Apple“. Catrin ist in dieser „Weltfirma“ für Designs engagiert und fliegt demnächst dafür nach Südkorea, Japan und Taiwan, selbstverständlich Business Class!

Unser altehrwürdige Camper Van hat übrigens mehrmals „gebockt“ beim Starten, so dass er in die Garage musste, was zur Zeit ja gut passte, da wir ja in letzter Zeit keine Camping Plätze ansteuerten. Nun sollte uns dieses Vehikel noch sicher nach Norden bringen, zuerst nach Oregon zu unseren Freunden und dann hoffentlich auch noch nach Kanada. Anschliessend wären wir bereit, den Camper abzuschieben zu Gunsten eines leichteren und verbraucherfreundlicheren Wagens. Falls wir dieses andere gute Auto finden, können wir uns vorstellen, es Ende September nach Südamerika zu verschiffen und damit die ganze Campingausrüstung auf den anderen Erdteil zu bringen!

So sind wir eigentlich immer am Planen für die Zukunft! In der Gerontologie bedeutet dies ja, dass man noch nicht zu jenen „Alten“ gehört, die sich nur noch mit der Vergangenheit beschäftigen.

Herzliche Pfingstgrüsse

8. Juni 2019